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Saskia Nitsche 
2021C031

 

*

MANN, DER DEN HUND SIEHT
Am frühen Nachmittag mache ich Pause. In der Nasszelle blicke ich in den über dem Waschbecken angebrachten Spiegel. Ich habe ihn gekannt, denke ich. Jetzt die Ungewissheit, ob dies hier nicht vielmehr ein Fremder ist. Ich wasche mein Gesicht, trockne es ab.
Kann mich nicht konzentrieren.
Habe ich nicht Schuld an all dem? Habe ich Schuld?
Kann mich nicht länger auf meine Arbeit konzentrieren.
Wenn ich dem Fuchs Wasser bringen könnte. Etwas gut machen, an einem losen Ende beginnen. Könnte ich hinausgelangen? Einfach so? Was würde mir draußen geschehen? Würden die Hunde mich anfallen?

 

*

FRAU AM SWIMMINGPOOL
Ich trage den Badeanzug. Ich habe ihn
an der Rezeption gekauft.
Was kann sie mir schon sagen?
Niemand würde mich nun noch fortschicken können.
Ich sitze auf der Bank, sehe Joan zu.
Ich habe nicht vor hineinzusteigen. Jetzt, wo alle da sind,
schwimmen, traue ich mich nicht. Da, wo ich herkomme,
lernt keines der Kinder schwimmen.

Hallo, Joan.
Bringst du mir Schwimmen bei?

— Du kannst nicht schwimmen?

Nein, wieso?

 — Jeder kann schwimmen.

Ich kann es nicht.

 

*

MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
04.00 Uhr am Nachmittag.
Was ist das für ein Mann in der Küche?
Hanan, was macht er hier?
Er sieht so –
So –

— Anders aus als wir?
Braucht Abwechslung
, sagt er.

 

MANN, DER DEN HUND SIEHT
In der Küche spricht niemand. Der Dampf aus den großen Pfannen legt
sich auf mein Gesicht. Ich wische mit dem Handrücken darüber. Wir
alle wissen Bescheid. Nicht wenige hier haben Familien dort drüben.
Ich spüre die Schuld im ganzen Körper brennen. Ich konzentriere mich auf das Kneten des Hackfleischs, auf das Schneiden des Gemüses. Die grünen Bohnen werden ganz serviert, Pilze und Zucchini müssen klein geschnitten werden. Werfe einen Blick aus dem Fenster zum Hinterhof. Um diese Zeit ist der Fuchs nicht zu sehen.

 

MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
Am Swimmingpool mache ich Halt. Sehe durch die Glastür.
Inmitten der Schwimmer entdecke ich sie.
Sie hält sich an der Treppe fest.
Manchmal frage ich mich –
Manchmal frage ich mich, kann sie nicht schwimmen?

 

MANN, DER DEN HUND SIEHT
Später erkläre ich mich verantwortlich für die Fleischabfälle. Was das heißt: Alle zusammenklauben und in die weißen Beutel füllen. Versehentlich landet dort auch ein Stück Fleisch, das für die Pfannen vorgesehen war. Rosig, aber trotzdem von billiger Qualität.

 

MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
Unter der Anspannung dieses Tages stehe ich nun unbeabsichtigt länger in den Türen. Oft bin ich schlicht zu müde, um umzudrehen. Um fortzugehen. Einmal bekomme ich heute Nachmittag 1,00. Meist bekomme ich nichts.

 

MANN, DER DEN HUND SIEHT
In den letzten Tagen konnte ich beobachten, dass der Fuchs die nur aus Fett bestehenden Stücke häufig liegen ließ, während er die mit dem rosigen Ansatz an der Fettschwarte immer fraß.
Wenn ich nun seine Mahlzeiten mitverantworten würde, könnte ich sie in einer Weise aufbereiten, dass die Qualität merklich stieg. Wie lange ich noch werde hierbleiben müssen, weiß ich nicht. Also werde ich meine Verbindung zu dem Tier pflegen.

 

MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
Es ist, als würden die Wände in den Gängen näher rücken.
Ich warte. Warte vor Türen. Niemand ist freiwillig hier.
Als ob das ein Grund ist, nichts zu geben.

 

MANN, DER DEN HUND SIEHT
Bevor ich die weißen Beutel nach draußen bringe, fülle ich etwas Wasser in eine der Schalen.

 

MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
ALS OB DAS EIN GRUND IST, NICHTS ZU GEBEN.

 

 

  

 

*

 

MANN, DER DEN HUND SIEHT
Am frühen Nachmittag mache ich Pause. In der Nasszelle blicke ich in den über dem Waschbecken angebrachten Spiegel. Ich habe ihn gekannt, denke ich.  Jetzt die Ungewissheit, ob dies hier nicht vielmehr ein Fremder ist. Ich wasche mein Gesicht, trockne es ab.
Kann mich nicht konzentrieren.
Habe ich nicht Schuld an all dem? Habe ich Schuld?
Kann mich nicht länger auf meine Arbeit konzentrieren.
Wenn ich dem Fuchs Wasser bringen könnte. Etwas gut machen, an einem losen Ende beginnen. Könnte ich hinausgelangen? Einfach so? Was würde mir draußen geschehen? Würden die Hunde mich anfallen?

 

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FRAU AM SWIMMINGPOOL
Ich trage den Badeanzug. Ich habe ihn an der Rezeption gekauft.
Was kann sie mir schon sagen?
Niemand würde mich nun noch fortschicken können.
Ich sitze auf der Bank, sehe Joan zu.
Ich habe nicht vor hineinzusteigen. Jetzt, wo alle da sind, schwimmen, traue ich mich nicht. Da, wo ich herkomme, lernt keines der Kinder schwimmen.

Hallo, Joan.
Bringst du mir Schwimmen bei?

— Du kannst nicht schwimmen?

Nein, wieso?

 — Jeder kann schwimmen.

Ich kann es nicht.

 

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MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
04.00 Uhr am Nachmittag.
Was ist das für ein Mann in der Küche?
Hanan, was macht er hier?
Er sieht so –
So –

— Anders aus als wir?
Braucht Abwechslung, sagt er.

 

MANN, DER DEN HUND SIEHT
In der Küche spricht niemand. Der Dampf aus den großen Pfannen legt
sich auf mein Gesicht. Ich wische mit dem Handrücken darüber. Wir alle wissen Bescheid. Nicht wenige hier haben Familien dort drüben.
Ich spüre die Schuld im ganzen Körper brennen. Ich
konzentriere mich auf das Kneten des Hackfleischs, auf das Schneiden des Gemüses. Die grünen Bohnen werden ganz serviert, Pilze und Zucchini müssen klein geschnitten werden. Werfe einen Blick aus dem Fenster zum Hinterhof. Um diese Zeit ist der Fuchs nicht zu sehen.

 

MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
Am Swimmingpool mache ich Halt. Sehe durch die Glastür.
Inmitten der Schwimmer entdecke ich sie.
Sie hält sich an der Treppe fest.
Manchmal frage ich mich –
Manchmal frage ich mich, kann sie nicht schwimmen?

 

MANN, DER DEN HUND SIEHT
Später erkläre ich mich verantwortlich für die Fleischabfälle. Was das heißt: Alle zusammenklauben und in die weißen Beutel füllen. Versehentlich landet dort auch ein Stück Fleisch, das für die Pfannen vorgesehen war. Rosig, aber trotzdem von billiger Qualität.

 

MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
Unter der Anspannung dieses Tages stehe ich nun unbeabsichtigt länger in den Türen. Oft bin ich schlicht zu müde, um umzudrehen. Um fortzugehen. Einmal bekomme ich heute Nachmittag 1,00. Meist bekomme ich nichts.

 

MANN, DER DEN HUND SIEHT
In den letzten Tagen konnte ich beobachten, dass der Fuchs die nur aus Fett bestehenden Stücke häufig liegen ließ, während er die mit dem rosigen Ansatz an der Fettschwarte immer fraß.
Wenn ich nun seine Mahlzeiten mitverantworten würde, könnte ich sie in einer Weise aufbereiten, dass die Qualität merklich stieg. Wie lange ich noch werde hierbleiben müssen, weiß ich nicht. Also werde ich meine Verbindung zu dem Tier pflegen.

 

MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
Es ist, als würden die Wände in den Gängen näher rücken.
Ich warte. Warte vor Türen. Niemand ist freiwillig hier.
Als ob das ein Grund ist, nichts zu geben.

 

MANN, DER DEN HUND SIEHT
Bevor ich die weißen Beutel nach draußen bringe, fülle ich etwas Wasser in eine der Schalen.

 

MANN, DER DIE CHICKENWINGS BRINGT
ALS OB DAS EIN GRUND IST, NICHTS ZU GEBEN.